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Wichtige Arbeitnehmerrechte zur Vereinbarkeit von Familie & Beruf umgesetzt

Der NÖ Landtag hat in seiner Sitzung am 21. November die Anrechnung von Karenzzeiten, den Anspruch auf den Papamonat, die Entgeltfortzahlung für Katastrophenhilfe sowie den Anspruch auf Pflegekarez bzw. Pflegeteilzeit einstimmig beschlossen.


„Mit der beschlossenen Änderung der Landarbeitsordnung sind wichtige zusätzliche Rechte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft umgesetzt worden“, zeigte sich NÖ Landarbeiterkammer-Präsident Andreas Freistetter hocherfreut über den einstimmigen Beschluss im NÖ Landtag.

Was wurde im Einzelnen beschlossen:

  • Karenzanrechnung:
    Die Anrechnung von Zeiten der gesetzlichen Elternkarenz war bisher bescheiden. Lediglich 10 Monate der ersten Karenz wurden für die Bemessung der Kündigungsfrist, der Dauer der Entgeltfortzahlung und für das Urlaubsausmaß gezählt. Bei Gehaltsvorrückungen waren Karenzzeiten in der Regel überhaupt nicht zu berücksichtigen. Zwar sehen Kollektivverträge mitunter günstigere Regelungen vor, diese sind im landwirtschaftlichen Bereich aber durchaus überschaubar. Künftig sind alle gesetzlichen Karenzen (also in der Regel bis 24 Monate pro Kind) auf sämtliche dienstzeitabhängigen Ansprüche anzurechnen. Damit wird eine der wichtigsten faktischen Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben beseitigt.
     
  • Papamonat
    Bisher war der Papamonat im allgemeinen österreichischen Arbeitsrecht an die Zustimmung des Arbeitgebers gebunden, sofern nicht ausnahmsweise ein zwingender kollektivvertraglicher Anspruch eingeräumt wurde. Künftig besteht bis zum Ablauf des Beschäftigungsverbots der Mutter (Mutterschutz) ein Freistellungsanspruch in der Dauer von maximal einem Monat. Dabei hat der Vater eine Vorankündigung spätestens drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin zu erstatten, die Geburt dem Dienstgeber unverzüglich anzuzeigen und spätestens eine Woche nach der Geburt den Antrittszeitpunkt der Freistellung bekanntzugeben. Der Freistellungsanspruch besteht nur, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.
    ACHTUNG! Keine Änderung ist beim Familienzeitbonus eingetreten, der quasi das „Karenzgeld für den Papamonat“ in Höhe von EUR 22,60 pro Tag darstellt. Dieser gebührt weiterhin nur, wenn die „Familienzeit“ (Papamonat) für mindestens 28 bis max. 31 Tage ohne Unterbrechung in Anspruch genommen wird. Tage, in denen das Kind noch im Spital war, zählen dabei nicht! Wenn deshalb nur 27 Tage „im gemeinsamen Haushalt“ verbracht werden, fällt der Familienzeitbonus zur Gänze nicht an!
     
  • Entgeltfortzahlung für Katastrophenhilfe
    Eine bekannte und pikante Lücke im österreichischen Arbeitsrecht sollte durch einen Entgeltfortzahlungsanspruch für alle Arbeitnehmer, die als freiwillige und ehrenamtliche Mitglieder von Katastrophenhilfsdiensten, Rettungsdiensten oder freiwilligen Feuerwehren Einsätze leisten, geschlossen werden. Die Abwesenheiten dieser freiwilligen Helfer dürfen zwar zu keinen arbeitsrechtlichen Sanktionen wie einer Entlassung führen, ein Anspruch auf durchgehende Entgeltzahlung besteht aber nicht. An diesem Grundsatz ändert sich auch in Zukunft nichts. Allerdings wurden Sonderregelungen für freiwillige Helfer bei einem „Großschadensereignis“ beschlossen. Ein solches Großschadensereignis liegt vor, wenn während eines durchgehenden Zeitraumes von zumindest acht Stunden insgesamt mehr als 100 Personen notwendig im Einsatz sind. Dann kann der Helfer einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr mit dem Dienstgeber Ausmaß und Lage der Dienstfreistellung vereinbaren und Entgeltfortzahlungsansprüche geltend machen. Für diese Zahlungen erhält der Arbeitgeber aus dem Katastrophenfond pauschal EUR 200,- Förderung pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag.
     
  • Rechtsanspruch auf Pflegekarenz/Pflegeteilzeit
    Die Pflegekarenz wurde 2014 eingeführt. Für die Pflege naher Angehöriger ab Pflegestufe 3 bzw. demenziell erkrankter oder minderjähriger naher Angehöriger, die zumindest Pflegestufe 1 beziehen, kann für einen Zeitraum bis zu drei Monaten Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit vereinbart werden. Kommt es zu so einer Vereinbarung, besteht Anspruch auf Pflegekarenzgeld (in Höhe des Arbeitslosengeldes bzw. des aliquoten Arbeitslosengeldes). Der Haken an der Sache: Pflegekarenz und Pfllegeteilzeit setzten bisher das Einverständnis des Arbeitgebers unbedingt voraus.
    In Zukunft können in Betrieben mit mehr als fünf Dienstnehmern die ersten zwei Wochen einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit einseitig angetreten werden. Kommt es in diesem Zeitraum zu keiner Vereinbarung, besteht ein Rechtsanspruch auf weitere zwei Wochen Pflegekarenz/Pflegeteilzeit. Voraussetzung: Der Antritt der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit muss ehestmöglich bekannt gegeben werden. 
    In der Praxis sollte dies der Pflegekarenz/Pflegeteilzeit deutlich mehr Leben einhauchen. Nach Inanspruchnahme der einseitigen Pflegekarenz/Pflegeteilzeit werden die Berührungsängste der ArbeitgeberInnen mit der Pflegekarenz geringer werden und öfter eine Vereinbarung der Verlängerung zustande kommen. 

Sämtliche beschriebenen arbeitsrechtlichen Änderungen treten mit der Verlautbarung im Landesgesetzblatt, welche in den nächsten Tagen erfolgen wird, in Kraft.
 

Foto: adobe.stock / Africa Studio