KV-Abschluss: Lagerhaus-Beschäftigte bekommen 2,6 %, jedoch mindestens EUR 48 mehr!
Die Kollektivverträge werden auf Arbeitnehmerseite von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) für die Angestellten und von der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) für die Arbeiter verhandelt. Die NÖ Landarbeiterkammer wird den Verhandlungen in beratender Funktion beigezogen. Während zuletzt viele Jahre in diesen Kollektivverträgen wenig Veränderung zu beobachten war, kam es heuer zu umfangreichen Ergebnissen. Dabei konnten manche Themen, welche jahrelang zur Diskussion standen, einer Lösung zugeführt werden.
Die interessantesten Ergebnisse im Einzelnen:
- Die Orientierung am Handels-KV wirkte über viele Jahre wie ein ungeschriebenes Gesetz. Erstmals seit langem konnte für die Lagerhausmitarbeiter ein höherer Prozentsatz erreicht werden. Die Löhne und Gehälter steigen generell um 2,6% (gegenüber 2,5% im Handel), doch mindestens um € 48,00. Die durchschnittlichen Erhöhungen liegen somit über 2,6%
- In beiden Kollektivverträgen werden Ansätze für Ferialaushilfen (Schüler und Studenten in der unterrichtsfreien Zeit) mit einer Beschäftigungsdauer bis max. 2 Monaten pro Kalenderjahr eingeführt, welche 75% des niedrigsten regulären Entgeltansatzes betragen.
- Die Zeiten der gesetzlichen Elternkarenz bzw. die Sterbebegleitung werden künftig in deutlich höherem Ausmaß angerechnet. Für die Angestellten gilt dies (im Gegenzug zur flexiblen Arbeitszeit) rückwirkend ab 01.01.2017, für die Arbeiter ab 01.03.2019.
- Im Kollektivvertrag für die Angestellten wird die Arbeitszeit flexibilisiert und eine Durchrechnung bis zu 45 Wochenstunden/9 Tagesarbeitsstunden möglich. Bei Einhaltung einer 4-Tage-Woche können auch 10 Stunden täglich in Normalarbeitszeit gearbeitet werden. Derartige Arbeitszeitmodelle treten aber nur in Geltung, wenn sie auf betrieblicher Ebene durch Betriebsvereinbarung vereinbart werden.
Die Arbeitszeitflexibilisierung ist vordergründig natürlichen ein Anliegen der Dienstgeber, bei genauerem Hinsehen aber auch für bestimmte Arbeitnehmergruppen wichtig. Seit die rechtswidrige Abgeltung von Zeitausgleichguthaben unter Strafsanktionen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz steht und Prüfungen der Krankenkassen und Finanzbehörden gezielt diese Abrechnungen untersuchen, sind viele Arbeitszeitmodelle, wie sie in Lagerhausmärkten üblich waren und oft im Einvernehmen zum Vorteil beider Seiten praktiziert wurden, nur mehr möglich, wenn regelmäßig Überstundenzuschläge abgerechnet werden. Diese wollen die Lagerhäuser im dienstplanmäßigen Betrieb nicht ständig bezahlen, weshalb in manchen Fällen neue Arbeitspläne geschaffen wurden, die längere Pausen oder mehr Arbeitstage zur Folge hatten. In anderen Betrieben wurden Gleitzeitvereinbarungen abgeschlossen, welche für das Personal in Märkten rechtlich zumindest bedenklich sind.
Künftig wird es Aufgabe der Angestelltenbetriebsräte sein, die nunmehr zur Verfügung stehenden Instrumentarien einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung durch Betriebsvereinbarung so in ihren Betrieben zu etablieren, dass eine effiziente Abdeckung der Öffnungszeiten zum gemeinsamen Nutzen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erfolgt. - Im Kollektivvertrag für die Arbeiter in den Lagerhäusern wurde für ein höchst emotionales Thema, welches in den vergangenen Jahren beiden Kollektivvertragsparteien viele Türen verschlossen hatte, endlich eine Lösung gefunden. Die Arbeitgeber verpflichteten sich, für die verpflichtende Weiterbildung der Berufskraftfahrer (wie dies schon bisher in der Praxis der Fall war) die gesamten Kurskosten zu übernehmen. Die heftig umstrittene Bezahlung der dafür aufgewendeten Zeit ist auch weiterhin nicht verpflichtend, allerdings müssen die Arbeitgeber je abgeschlossenen Modul (7 Kursstunden) eine Einmalzahlung von € 50,00 leisten. Mit diesem Kompromiss dürfte in einem jahrelangen Konflikt endlich ein tragfähiger Kompromiss gefunden worden sein.
- Ein Ausfluss des konstruktiven und partnerschaftlichen Verhandlungsklimas stellt auch die Verlängerung der Verfallsfristen im Kollektivvertrag für die Arbeiter von 3 auf 12 Monate dar. Vernünftige Fristen für die Geltendmachung von strittigen arbeitsrechtlichen Ansprüchen stellen einen Parameter für den wechselseitigen Umgang dar. Die praktische Auswirkung dieser Verbesserung wird sich auf vereinzelte Fälle beschränken, die Signalwirkung ist jedoch eine höchst positive.
Die Ergebnisse im Überblick:
Lohnverhandlung für Arbeiter/Innen der Raiffeisen Lagerhäuser:
- Erhöhung der KV-Löhne um 2,60 %, jedoch mindestens EUR 48,- (ergibt im Durchschnitt eine Erhöhung um 2,77 %)
- Erhöhung der Lehrlingsentschädigungen um 2,6 %
- Bestehende Überzahlungen bleiben in ihrer betragsmäßigen Höhe aufrecht
- Erhöhung der DAZ um 2,6 % auf EUR 52,54
- Die Verfallsfristen im aufrechten Dienstverhältnis werden auf 12 Monate erhöht
- Die Kurskosten für die C95 Weiterbildung und eine Einmalzahlung von EUR 50,- übernimmt der Arbeitgeber
- Geltungstermin: 1. März 2019
Gehaltsverhandlung für Angestellte in Raiffeisen Lagerhäusern:
- Erhöhung der KV-Gehälter um 2,60 %, jedoch mindestens EUR 48,-
- Erhöhung der Vorkategorie 2a auf EUR 1.350. Ferialaushilfen mit einer Beschäftigungsdauer von maximal 2 Monate pro Kalenderjahr erhalten 75 % der Vorkategorie 2a (das sind EUR 1.012,50)
- Erhöhung der Lehrlingsentschädigungen um 2,6 %
- Bestehende Überzahlungen bleiben in ihrer betragsmäßigen Höhe aufrecht
- Die bestehenden Triennien werden um 2,60 % erhöht und betragen
EUR 44,13 und EUR 53,59,- - Geltungstermin: 1. März 2019
Sobald die neue Lohntafel bzw. Gehaltsordnung von den Kollektivvertragsparteien zur Verfügung gestellt werden, werden Sie an dieser Stelle veröffentlicht.