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Umschulung aus gesundheitlichen Gründen

Neue Initiativen von Arbeitsmarktservice und Pensionsversicherungsanstalt sollen Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Probleme ihren Job nicht mehr ausüben können, bei ihrem beruflichen Neustart helfen.


Rehabilitation vor Pension! Mit diesem Slogan ist die Politik vor einigen Jahren angetreten, die Anzahl von Frühpensionierungen zu reduzieren. Wer aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen in Pension gehen möchte, muss seither einige Hürden überspringen.
Die erste heißt „medizinische Rehabilitation”. Wenn prognostiziert wird, ein Pensionswerber könne soweit gesund werden, um seinen Beruf wieder auszuüben, gibt es keine Pension, sondern bloß – vorübergehend – „Rehabilitationsgeld”. Hürde Nummer zwei nennt sich „berufliche Rehabilitation”. Dabei wird geprüft, ob eine Umschulung in einen anderen Beruf möglich ist. Mit überschaubarem Erfolg. Die Erfahrung zeigt: Eine Umschulung von Menschen, die dieses selbst für nicht sinnvoll erachten und keine Chancen am Arbeitsmarkt sehen, ist in der Praxis kaum möglich. 

Umschulungen im Pensionsverfahren
Insbesondere bei körperlich belastenden Tätigkeiten, wie sie in der Land- und Forstwirtschaft häufig vorkommen, ist eine Ausübung derselben Tätigkeit vom Abschluss der Berufsausbildung bis zur Pensionierung oft nicht möglich. Die Betroffenen müssen und wollen sich umschulen lassen, um weiter am Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Gerade für diese Gruppe ist es aber nicht einfach, ausreichende Unterstützung für solche Maßnahmen zu finden. Pensionsrechtlich ist nämlich das Vorliegen von „Berufsschutz” Voraussetzung, damit überhaupt an eine berufliche Rehabilitation gedacht werden kann. Berufsschutz bedeutet eine überwiegende Tätigkeit während der letzten 15 Jahre in einem erlernten Arbeiterberuf oder einem Angestelltenberuf. Sofern dies noch zutrifft, wird geprüft, ob es – im gesamten Bundesgebiet – einen relevanten Arbeitsmarkt für leichtere Tätigkeiten innerhalb des gesamten Berufsbildes gibt. Diese „Verweisungsberufe” werden von den Berufskundlern tendenziell immer weiter gefasst. Mittlerweile muss man in jedem Beruf damit rechnen, dass versucht wird, auf eine Verkaufstätigkeit zu verweisen, die in irgendeinem denkmöglichen Zusammenhang mit dem erlernten Beruf steht. In einem aktuell noch anhängigen Verfahren wird beispielsweise ein Forstfacharbeiter auf den Verkauf von Motorsägen und ähnlichem Forstbedarf verwiesen, was nach Auffassung der NÖ Landarbeiterkammer krass rechtswidrig ist.

Es ist grotesk: In der pensionsversicherungsrechtlichen Realität wird versucht, Versicherte, die nur noch in Pension gehen wollen, mit mehr oder weniger sanftem Druck de facto zwangsweise umzuschulen. Für die gar nicht kleine Personengruppe, die aus eigenem Antrieb umgeschult werden möchte, fehlen hingegen die erforderlichen Rechtsgrundlagen, um Umschulungen zu ermöglichen. Das ist auch den Verantwortlichen nicht verborgen geblieben, weshalb im Bereich von Pensionsversicherungsanstalt und Arbeitsmarktservice zwei Pilotprojekte etabliert wurden, um das durchaus vorhandene attraktive Rehabilitationsangebot und die Rehabilitations- willigen einander näherzubringen.

Rehabilitation 4 Integration („R4I”) richtet sich an arbeitssuchende Menschen mit wesentlichen gesundheitlichen Einschränkungen, die keinen Berufsschutz haben und die ihre letzte Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Voraussetzung ist, dass diese Tätigkeit über zumindest drei Jahre ausgeübt wurde. Personen, für die „R4I“ infrage kommt, werden im AMS-Beratungsprozess aktiv für das Projekt akquiriert. Das Programm ist in zwei Phasen unterteilt, eine Orientierungsphase und eine Qualifizierungsphase. Während dieser Phasen können Geldleistungen von AMS bzw. Pensionsversicherung bezogen werden.
Wer auch dabei durch den Rost fällt, an den richtet sich vielleicht das Programm „Aufstieg 3”, welches alleine vom AMS Niederösterreich durchgeführt wird. Ohne näher definierte formale Voraussetzungen können dort arbeitslose Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die nicht mehr den letzten Beruf bzw. die letzte Tätigkeit ausüben können und bei denen eine berufliche Rehabilitation oder „R4I“ ausscheidet, qualifiziert werden. 

Vermeidung von Arbeitslosigkeit
Einen Haken haben freilich auch diese positiven Projekte: Wer nicht bereits arbeitslos ist, erhält keine Unterstützung für notwenige Umschulungen, um erst gar nicht arbeitslos zu werden. „Berufliche Prävention“ kann im Rahmen dieser Programme nicht stattfinden. Wer bei aufrechtem Dienstverhältnis aufgrund seiner gesundheitlichen Entwicklung erkennen muss, dass ohne Umschulung sein Arbeitsplatz in Gefahr gerät, sollte sich an die Beratungsstellen von fit2work wenden – siehe www.fit2work.at

Nähere Informationen zu den hier beschriebenen Progammen finden Sie beim AMS, der Pensionsversicherungsanstalt.

Foto: fotolia.com / goodluz