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Bäuerliche Dienstnehmer: Die wichtigsten Infos und Regelungen im Überblick

Bis zu 5.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden im Jahr 2018 in bäuerlichen Betrieben in Niederösterreich beschäftigt sein. Die Antworten auf die wichtigsten rechtlichen Fragen hat die NÖ Landarbeiterkammer zusammengefasst.


Was ist ein bäuerlicher Betrieb?
Im Wesentlichen ist ein bäuerlicher Betrieb dadurch definiert, dass der oder die EigentümerInnen selbst – in der Regel auch körperlich -  mitarbeiten und insbesondere kein Verwalter eingesetzt ist. Trifft das nicht zu, liegt ein Gutsbetrieb vor, für welchen andere kollektivvertragliche Regelungen gelten.

Für welchen Zeitraum gilt ein Dienstverhältnis?
Ein Dienstverhältnis kann auf bestimmte oder aber auch auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden. Ein auf bestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis endet mit Ablauf der Zeit, für welche es abgeschlossen wurde. In anderen Wirtschaftsbereichen sind Befristungen meist durch einen Endtermin charakterisiert, in der Landwirtschaft ist dies aber anders. Hier besteht bei befristeten Dienstverhältnissen häufig kein fixer Endtermin, sondern wird jener durch den Ablauf bestimmter Produktionsperioden definiert. Üblich sind beispielsweise Endtermine wie „Saisonende” oder „Ende der Ernte”. Dadurch muss das Ende des Dienstverhältnisses objektiv bestimmbar sein. Eine einseitige Beendigung durch Kündigung ist vor diesem Termin dann nicht mehr möglich.

Kann eine Probezeit vereinbart werden?
Die Vereinbarung einer Probezeit ist zulässig und grundsätzlich nicht formgebunden. Die Probezeit kann für den Zeitraum von maximal einem Monat vereinbart werden. Probezeit bedeutet, dass während der Probezeit das Dienstverhältnis von jeder der beiden Parteien des Arbeitsvertrages ohne Angabe von Gründen jederzeit beendet werden kann.

Was ist ein Dienstschein?
Ein Dienstschein ist eine Beweisurkunde über den Inhalt eines Arbeitsvertrages, welcher in allen Fällen ausgestellt werden muss, in denen kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Ein Dienstschein darf und kann jedoch nur Vertragsbestandteile dokumentieren, welche tatsächlich Gegenstand einer Vereinbarung waren. Der Dienstschein stellt selbst keine Vereinbarung dar. Die Anforderungen an den Dienstschein sind in den jeweiligen Landarbeitsordnungen festgelegt. Ein Musterdienstschein findet sich im Anhang VII des bäuerlichen Kollektivvertrages für Niederösterreich. Im gewerblichen Bereich wird ein Dienstschein Dienstzettel genannt.

Welche Regelungen gelten für die Bezahlung von Dienstnehmern in bäuerlichen Betrieben in Niederösterreich?
Die Lohntafel für Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben ist grundsätzlich in Entgeltansätze für Arbeiter und Angestellte unterteilt. Den zentralen Teil bildet die Lohntafel für Arbeiter. In dieser wird zwischen vier Kategorien unterschieden, welche sich am Inhalt der ausgeübten Tätigkeit orientieren. In jeder Kategorie bestehen unterschiedliche Lohnansätze je nach formaler Qualifikation des Arbeitnehmers (gewöhnlich/FacharbeiterIn/MeisterIn). Es sind solche Qualifikationen maßgeblich, welche bei der vereinbarten Tätigkeit verwertet werden können. Dabei muss es sich nicht zwingend um landwirtschaftliche Qualifikationen handeln, sondern kann beispielsweise auch eine Ausbildung zum Landmaschinentechniker zu berücksichtigen sein. Nicht entscheidend ist auch, ob der Dienstgeber die Position zwingend mit einem Facharbeiter besetzen wollte. Liegt eine Qualifikation vor und ist sie einschlägig, ist sie zu berücksichtigen.

Sonderregeln gelten für die Erntehelfer und Dienstnehmer in Buschenschanken.
Für ArbeiterInnen in den Lohnkategorien 1-4 ist verpflichtend ein monatliches Überstundenpauschale zu bezahlen, das derzeit EUR 117,88 beträgt. Wie viele Mehrleistungen dieser Fixbetrag abdeckt, hängt von der Höhe des Grundlohns ab. In der niedrigsten Kategorie (4. Landarbeiter für Haus, Hof, Feld und Stall/gewöhnlich) sind damit ca. 11 Überstunden/Monat mit 50 % Zuschlag abgegolten.

Warum ist die Einhaltung von Mindestlöhnen auch für Arbeitgeber so wichtig?
Werden Mindestlöhne erheblich unterschritten, kann eine Bestrafung nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz erfolgen. Dabei drohen hohe Strafen, welche für kleinere Betriebe existenzbedrohend sein können. Pro Arbeitnehmer und Lohnzahlungszeitraum beträgt die Mindeststrafe EUR 1.000. Ab vier betroffenen Arbeitnehmern werden Mindeststrafen von EUR 2.000,00 pro Arbeitnehmer verhängt.
Für die Beurteilung des Lohndumpings wird nicht nur der Grundlohn herangezogen, sondern insbesondere auch die Bezahlung von Sonderzahlungen und Überstundenzuschlägen.

Wie sind Dienstwohnung und Verpflegung abzurechnen?
Arbeiter inbäuerlichen Betrieben werden oftmals vom Dienstgeber Verpflegung und Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Sind diese für den gesamten Monat frei, spricht man von einer „vollen Station”, welche mit EUR 196,20 veranschlagt wird. Davon entfallen 2/10 auf Wohnung sowie Beheizung und Beleuchtung (je EUR 19,62), der Rest auf die Verpflegung. Wird die volle Station nicht zur Gänze gewährt, sind die entsprechenden Teile abzurechnen. Eine Besonderheit des bäuerlichen Kollektivvertrages besteht darin, dass der Geldwert der vereinbarten und erhaltenen vollen Station oder Teile davon (nicht aber von etwaigen anderen Sachbezügen wie z.B. einem Dienstwagen) mit den oben dargestellten Beträgen vom Barlohn in Abzug gebracht werden können.

Welche Sonderzahlungen gebühren den Dienstnehmern?
In jedem Kalenderjahr sind mit dem Junibezug ein Urlaubszuschuss und mit dem Novemberbezug das Weihnachtsgeld zu bezahlen. Diese gebühren in Höhe des monatlichen Bruttoentgelts zuzüglich des Überstundenpauschales. Den während des Kalenderjahres eintretenden oder austretenden Dienstnehmern ist der aliquote Teil der Sonderzahlungen zu bezahlen.

Wie ist abzurechnen, wenn ein Dienstnehmer während eines Kalendermonats ein- oder austritt?Für die Abrechnung in Rumpfmonaten bestehen Sonderregelungen, welche sicherstellen sollen, dass nicht bloß ein bestimmter Teil eines Arbeitsmonats bezahlt wird, sondern jedenfalls die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Bestand beispielsweise das Dienstverhältnis nur noch während fünf Kalendertagen eines Monats, wurden in diesen aber die Wochenstunden einer gesamten Arbeitswoche geleistet, sind zumindest 40 Normalstundenlöhne (40/173,2 eines Monatslohnes) zu bezahlen und nicht bloß 5/30 = 1/6 eines Monatslohnes.

Was ist ein Ferialpraktikant und welche Entschädigung steht ihm zu?
Praktikanten im Sinne des Anhanges 4 der Lohntafel für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben Niederösterreich sind ausschließlich Pflichtpraktikanten, welche ein entsprechendes Praktikum für eine schulische oder unter Umständen auch universitäre Ausbildung benötigen. Der Entgeltanspruch für solche Pflichtpraktikanten ist ein bedeutend geringerer, weil es sich um ein Ausbildungsverhältnis handelt. Praktikanten ohne Matura haben derzeit Anspruch auf eine monatliche Entschädigung von € 521,84. Auch junge Ferialaushilfen werden oft als „Praktikanten” bezeichnet. Sie sind aus arbeits- und entgeltrechtlicher Sicht Hilfskräfte und als solche zu entlohnen (zumindest Kat. 4 der Lohntafel für Arbeiter).

Gibt es für Praktikanten besondere Bestimmungen?
Generell sind bei Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Bestimmungen des Jugendschutzes zu beachten. Diese unterscheiden sich in der Landwirtschaft insbesondere im Bereich der Wochenendarbeit von den Regelungen im gewerblichen Bereich. Minderjährige dürfen keinerlei Überstundenarbeit und Nachtarbeit leisten. Der Einsatz an Wochenenden ist stark eingeschränkt. An Sonntagen sind überhaupt nur unaufschiebbare Arbeiten zulässig, Arbeiten an Samstagen sind nur in den Arbeitsspitzen zulässig. Jedes zweite Wochenende hat zur Gänze arbeitsfrei zu bleiben.

Welche Regelungen gelten für die Arbeitszeit in bäuerlichen Betrieben?
Die tägliche Normalarbeitszeit kann im Regelfall mit bis zu neun Stunden/Tag vereinbart werden. Die wöchentliche Normalarbeitszeit bei Vollbeschäftigung beträgt 40 Stunden. Darüber hinausgehende Arbeitsleistungen stellen grundsätzlich Überstunden dar.
Der bäuerliche Kollektivvertrag lässt aber schriftliche Vereinbarungen mit Arbeitnehmern zu, wonach innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes die wöchentliche Normalarbeitszeit auf höchstens 48 Stunden ausgedehnt werden kann. Nur in diesen Fällen kann bei Einhaltung einer 5-Tage-Woche die tägliche Normalarbeitszeit auf maximal zehn Stunden erhöht werden. Die Flexibilisierungsmöglichkeit bedeutet aber nicht, dass in dem vereinbarten Ausmaß Arbeitszeit beliebig eingeteilt werden kann, sondern muss es sich um eine auch für den Arbeitnehmer vorhersehbare Gestaltung der Normalarbeitszeit handeln. Ein Muster für eine derartige Flexibilisierungsvereinbarung findet sich im Anhang VIII des bäuerlichen Kollektivvertrages.

Welche Sonderregelungen bestehen für Erntehelfer?
Der bäuerliche Kollektivvertrag sieht spezielle Erntehelferregelungen vor. Bei einer Beschäftigung für die Dauer der Ernte bis zu maximal zehn Wochen kann eine spezielle Durchrechnungsvereinbarung getroffen werden, die eine Tagesarbeitszeit von maximal 12 Stunden und eine Wochenarbeitszeit von 60 Stunden zulässt. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Dienstnehmer im Ausmaß von 40 Wochenstunden bei der gesetzlichen Sozialversicherung angemeldet und die Vereinbarung schriftlich auch in der Muttersprache des Dienstnehmers getroffen wird.